Filme machen mit Micro-Budget
Produzent*innen, Regiseur*innen, Crew und Cast wünschen sich für ihre Projekte angemessene Budgets, die ein gutes Leben ermöglichen und nicht zu schwierigen Arbeitsbedingungen zwingen - nur leider wird dieser Wunsch nicht immer Wirklichkeit, insbesondere wenn man am Anfang steht. Daß fehlende Finanzierung nicht unbedingt das Aus für ein Projekt bedeuten muß zeigen viele prominente Beispiele der Filmgeschichte - von Rocky über El Mariachi, Taxi Teheran und Moonlight bis Get out. Ihre Macher*innen haben widrigen Umständen getrotzt, ihre Filme "trotzdem" realisiert und damit große Erfolge erzielt und nachhaltige Karrieren voller gut finanzierter Projekte gestartet.
Nie waren die Voraussetzungen für solche "Notwehr"-Strategien so gut wie heute: die Digitalisierung hat die Zugangsschwelle zur Filmproduktion gesenkt, sie kommt einer großen Demokratisierung gleich. Zu dem Preis, zu dem man früher eine Filmkamera für einen Tag gemietet hat, kann man heute eine HDSLR-Kamera kaufen, deren Leistungen der einer Filmkamera kaum nachstehen. Und schon morgen könnte die entsprechende Funktion ohne Aufpreis in jedem Smartphone verbaut sein. Gleiches gilt für Schnittplätze, Vorführtechnik und eigentlich alle Stufen der technischen Filmherstellung und -verbreitung. Es wird für jede*n erreichbar, ein in technischer Hinsicht professionellen Ansprüchen gerecht werdendes Ergebnis abzuliefern – und gleichzeitig entsteht durch diese Situation auch viel mehr Konkurrenz. Um so wichtiger ist daher nun die Beherrschung des Metiers: nicht mehr der Geldbeutel trennt die Spreu vom Weizen, sondern die Sachkunde.
Dieser Wochenend-Workshop bringt kreativen Talenten die Beherrschung der kaufmännischen, finanziellen, organisatorischen und administrativen Belange einer Filmproduktion nahe. Er richtet sich an alle Filmemacher*innen und jene, die es werden wollen, die ohne oder fast ohne Zugang zu den klassischen Finanzierungsinstrumenten wie TV-Koproduktion, Filmförderung und Vorabverkäufen ein Filmprojekt realisieren wollen – sei es zu Ausbildungszwecken, als Hobby, als Visitenkarte, um Erfahrungen zu sammeln oder auch, um aus der herrschenden Ökonomie auszubrechen und als Produzent*in an der Vermarktung der eigenen Produktion zu verdienen...
Im Laufe des Wochenendes werden dabei quasi alle Stadien der Herstellung und Vermarktung eines fiktionalen Filmprojekts besprochen – jeweils kurz grundlegend und ausführlich zur speziellen Problemstellung der "micro budget"-Situation. Dabei geht es u.a. um folgende Fragen:
- Wie verschaffe ich mir einen Überblick, was mein Filmprojekt kosten wird?
- Welche Ausgaben kann ich vermeiden?
- Wie erfüllen Rückstellungen die Anforderungen des Mindestlohngesetzes?
- Welche Finanzierungsquellen kommen für welchen Film in Frage?
- Wie schafft man günstige Voraussetzungen für eine Bewilligung von Fördergeldern?
- Wer kauft warum welche fertigen Filme?
- Was sind Exklusivität, Territorien, Laufzeiten und Medien?
- Welche Verträge muß der Filmemacher mit den Beteiligten geschlossen haben, um den Film verwerten zu können?
Auf diese Weise wird das Seminar die Teilnehmer*innben in die Lage versetzen, eigene Projekte durchzudenken und anzugehen, auch wenn die Ausgangsvoraussetzungen schwierig scheinen mögen, und verfolgt dabei genau einen Zweck: aufzuzeigen, daß (und wie) es doch geht.
Martin Blankemeyer studierte Filmregie (ESAV Toulouse: Ingénieur-Maître), Medienwirtschaft (FH Wiesbaden: Diplom-Medienwirt) und Medienrecht (Uni Mainz: LL.M.) und arbeitete u.a. als Aufnahmeleiter ("Das Verlangen" – Goldener Leopard in Locarno 2002), Herstellungsleiter ("Die Frau des Polizisten" – Spezialpreis der Jury in Venedig 2013) und Produzent ("Der Rote Punkt" – Bayerischer Filmpreis als Bester Nachwuchsproduzent 2008). Er gehört der Deutschen, der Deutsch-Französischen und der Europäischen Filmakademie an sowie der International Academy of Television Arts and Sciences, die alljährlich die International Emmy Awards vergibt. Heute ist er primär als Trainer und Berater tätig, als Sachverständiger für Film- und Medienwirtschaft sowie als Vorstand der Münchner Filmwerkstatt – und wurde für diese Tätigkeit u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
www.filmsachverstaendiger.de